Projekt „Auszeit in Südwestfalen“: Potenziale in Bad Laasphe ausgelotet

4,1 Millionen Menschen in Deutschland sind momentan pflegebedürftig, eine Million davon allein in NRW, Tendenz steigend. Angesichts des großen Personalmangels in der Pflege und der demografischen Entwicklung in der Bundesrepublik kommt der häuslichen Pflege dabei eine große Bedeutung zu: rund drei Viertel aller Pflegebedürftigen werden schon heute zu Hause versorgt. In der Regel übernehmen Angehörige diese Aufgabe. Doch die körperlichen und seelischen Belastungen, denen sie dabei oft ausgesetzt sind, sind hoch.

Damit aus diesen Belastungen keine langfristigen, schwerwiegenden gesundheitlichen Probleme entstehen, ist es wichtig, für pflegende Angehörige ausreichend Möglichkeiten für Auszeiten mit Erholung und medizinischer Rehabilitation vorzuhalten, die möglichst unbürokratisch in Anspruch genommen werden können. Dabei ist aber auch die Versorgung der Pflegebedürftigen während der Auszeiten sicherzustellen. Bislang gibt es in Deutschland nur wenige solcher speziellen Angebote für pflegende Angehörige. Neun südwestfälische Kur- und Heilbäder, darunter auch Bad Laasphe, wollen das ändern. Dafür haben sie gemeinsam das interkommunale Projekt „Auszeit in Südwestfalen – Kur-Angebote für pflegende Angehörige“ ins Leben gerufen.

Das Ziel: die vorhandene Kompetenz in Therapie und Pflege und das kurörtliche Angebot nutzen, um in der Region zusätzliche Reha-, Kur- und Vorsorgemöglichkeiten speziell für pflegende Angehörige zu schaffen. „Auszeit in Südwestfalen – das ermöglicht uns einerseits, Lücken im Angebot zu schließen und einen entscheidenden Beitrag zur Gesundheitsvorsorge von pflegenden Angehörigen zu leisten, deren Bedeutung aufgrund der demografischen Entwicklung immer wichtiger wird. Und andererseits haben wir dadurch auch die Chance, unsere Region nochmal unter einem neuen Gesichtspunkt zu vermarkten und damit nachhaltig zu stärken“, erklärt Bad Laasphes Bürgermeister Dirk Terlinden die Motivation der Lahnstadt, sich zu beteiligen.

Das Projekt ist vorerst auf drei Jahre angelegt und wird aus Mitteln des Landesförderplans „Alter und Pflege“ des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen (MAGS NRW) gefördert. Der Heilbäderverband NRW hat den Weg dafür bereitet und ist als Partner mit an Bord. Außerdem hat sich „Auszeit in Südwestfalen“ bereits erfolgreich in den Qualifizierungsprozess der Regionale Südwestfalen 2025 begeben und ist auf dem Weg zum 3. Stern.

Zum Auftakt des Projektes bereisten Vertreter des MAGS und des Projektträgers im Rahmen einer „KurTour“ alle neun Orte, um eine erste Bestandsaufnahme zu machen und weitere Potenziale in den einzelnen Kommunen auszuloten. Am 20. August stand als letzte Station Bad Laasphe auf dem Plan dieser KurTour. Dirk Terlinden und Signe Friedreich als Geschäftsführerin der Tourismus, Kur und Stadtentwicklung Bad Laasphe GmbH (TKS) begrüßten neben Georg Oberkötter vom MAGS NRW und Projektleiter Lars Vornheder auch die Landtagsabgeordnete Anke Fuchs-Dreisbach, Dr. Stephanie Arens und David Bohlen von der Südwestfalenagentur (Regionale 2025) sowie Silke Lorenz von der Tagespflege des Diakonischen Werks Wittgenstein in der Wohnanlage Lahnblick und Lars Fleischhauer vom Pflegeteam Bad Laasphe.

Zu Beginn des Gesprächs im Rathaus verdeutlichte Georg Oberkötter noch einmal, worum es geht: „Wenn wir nichts tun, um pflegende Angehörige zu stabilisieren, zu entlasten und ihre Gesundheit zu fördern, sind sie die nächsten Pflegebedürftigen und dann ist irgendwann niemand mehr da, der pflegen kann. Wir sollten pflegende Angehörige nicht in den Süden der Republik schicken müssen, damit sie solche Angebote wahrnehmen können. Das wird den Menschen nicht gerecht. Wir müssen Eigenangebote für pflegende Angehörige in erreichbarer Nähe schaffen. Und das nicht nur bis zum Ende des Projektes. Es geht um einen langfristigen Strukturaufbau und die Professionalisierung von Vertriebsstrukturen, um pflegende Angehörige und damit die Pflege zu Hause im Allgemeinen zu stabilisieren.“ Lars Vornheder fügte hinzu, dass es dabei nicht nur um Pflegebedürftige und ihre Angehörigen im Seniorenalter geht: „Es gibt auch so viele Familien mit jungen Menschen, Kindern und Jugendlichen, die Pflege benötigen. Sie sollen ebenso von dem Projekt profitieren.“

Anschließend folgte ein konstruktiver Austausch über die Möglichkeiten, wie das Projekt in Bad Laasphe mit Leben gefüllt werden kann. Silke Lorenz und Lars Fleischhauer stellten ihr Dienstleistungsportfolio vor und sprachen auch bürokratische Herausforderungen an, mit denen sie sich häufig konfrontiert sehen. Da in der Lahnstadt aktuell keine Akut- bzw. Rehaklinik in Betrieb ist, in der stationäre Reha-Angebote für pflegende Angehörige vorgehalten werden könnten, sah Georg Oberkötter Bad Laasphes Potenziale vor allem in der ambulanten Vorsorge. Nach dem Gespräch im Rathaus besuchten er und Lars Vornheder gemeinsam mit Dirk Terlinden und Signe Friedreich noch das PHV-Dialysezentrum im Thüringer Weg.

„Der Anfang ist gemacht, doch es gibt noch viel zu tun für uns“, resümierte der Bürgermeister im Nachgang. „Wir müssen erstmal sehen, wie wir das Gedankenmodell aus der Initiative auf unsere lokale Ebene runterbrechen können.“ Dazu sollen in der nächsten Zeit weitere Gesprächs- und Ideenrunden mit lokalen Anbietern und Interessierten im Bereich der Gesundheitsvorsorge stattfinden.

Bildunterschrift:
Gesundheitsangebote für pflegende Angehörige schaffen – dabei geht es im Projekt „Auszeit in Südwestfalen“, bei dem auch Bad Laasphe mitmacht. Wie das in der Lahnstadt gelingen kann, darüber unterhielten sich am vergangenen Freitag (v.l.): Dr. Stephanie Arens und David Bohlen (beiden Südwestfalenagentur), Lars Fleischhauer (Pflegeteam Bad Laasphe), Landtagsabgeordnete Anke Fuchs-Dreisbach, Projektleiter Lars Vornheder, Georg Oberkötter (MAGS NRW), Silke Lorenz (Tagespflege des Diakonischen Werks Wittgenstein in der Wohnanlage Lahnblick), TKS-Geschäftsführerin Signe Friedreich und Bürgermeister Dirk Terlinden.

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